Lessings Figuren mit Leben erfüllt
Holsteinischer Courier
Von Karin Hartmann
Mit dem Stück “Minna von Barnhelm oder Das Soldatenglück” startete die Saison in der Stadthalle. Der Auftakt glückte, es gab viel Beifall.
Neumünster – Vorhang auf für die Theatersaison 2006/07 – für “Minna von Barnhelm oder das Soldatenglück”! Gotthold Ephraim Lessing “verfertigte” das schönste deutsche Lustspiel 1763 unter den Eindrücken des siebenjährigen Krieges, an dem er als Sekretär des Generalleutnants von Tauentzien teilnahm.
Die Lektion in Sachen Liebe und Ehre, die das Fräulein von Barnhelm ihrem Verlobten, dem kleinmütigen, körperlich und seelisch verletzten Major von Tellheim verpasst, begeistert immer noch. Grandios der Dramenaufbau, die geschliffene Sprache der aufklärerischen Gedanken und die lebendigen, zeitlosen Charaktere.
Minna (damenhaft verliebt und emanzipiert: Kira Albers) und ihre kecke Zofe Franziska (herrlich quirlig: Christine Arndt) bringen den “Drechslerpuppen” von Soldaten bei, “dass man auch lachend sehr ernsthaft sein kann”. Es dauert mehrere Akte bis Tellheim (in sich verschlossen, sprachlich besonders gut: Nils Hillebrand) und Wachtmeister Werner (sympathisch: Nicolas Bertholet, der auch als Riccaut erheiternd parlierte) das endlich begreifen.
“Die Theatermacher” aus Hamburg starten ihrer Tournee in Neumünster. Der abendlichen Premiere ging eine morgendliche, öffentliche Generalprobe voraus, und Neumünsteraner Schüler füllten das Theater fast bis auf den letzten Platz.
Eine Generalprobe bietet dem Regisseur die Möglichkeit, noch letzte Korrekturen vorzunehmen: textliche, akustische, bühnentechnische. Das junge Publikum wird vielleicht bemerkt haben, dass einige Darsteller ihre Stimmintensität noch testeten, dass die Spannung manchmal etwas “durchhing” -kleinere Mängel, die am Abend behoben waren. Der Text wurde noch klarer und pointierter gesprochen, das “Timing” war noch präziser und die Spannung hielt über drei Stunden. Hut ab!
Der Name “Theatermacher” ist Programm der Truppe; die Zuschauer sehen, wie Theater gemacht wird, wie scheinbar improvisiert wird, wie sich ganz selbstverständlich der begabte Musiker (Michael Reffi) in den alten Ohnheim und den witzigen Pudel verwandelt. Regisseur Michael Jurgons hielt gute Balance zwischen ruhig-ernsten und komödiantisch-burlesken Passagen.
In diese Rubrik gehören auch die Leistungen des aufdringlichen Wirts (sehr genau: Timo Virgils), dessen erfundener Tochter (Sarah Diener) und der hervorragenden Dieners Just (Jan Stapelfeld). Jurgons erfreute mit vielen sinngebenden Accessoires bei Kostümen und Requisiten, die genau wie die “Einlagen” die Brücke von der Aufklärung zur Gegenwart schlugen. Lieder, Tänzchen und Geräusche brachten das zum Ausdruck, was den Personen partout nicht über die Lippen kommen will.
Die Inszenierung der “Theatermacher” bewies Respekt vor Lessings großem Text und Geschick, die Figuren heutigen Theatergängern nahe zu bringen. Und das Abendpublikum dankte allen Mitwirkenden mit großem Applaus.
Aus einer Rede von Jean Anouilh
(verlesen in der Comédie Francaise am 15. Januar 1959)
“Wir können uns gegenseitig unter mehr oder weniger edlen Vorwänden verletzen, verraten, massakrieren, uns mit scheinbarer Größe aufblasen: wir sind komisch. Nichts anderes, wir alle, einschließlich derer, die wir unsere Helden nennen.
Mögen die langweiligen Philosophen der Verzweiflung, die in regelmäßigen Zeitabständen und immer ein wenig naiv immer wieder das Schreckliche der menschlichen Existenz entdecken und uns daran hinter möchten, uns im Theater zu amüsieren, sich in das Unabänderliche fügen: wir sind komisch!
Und das ist letzten Endes noch schrecklicher als die grauenvollen Schilderungen unseres Nichts.”
Der fröhliche Weinberg
Carl Zuckmayer
Ein Lustspiel
Der Wein und die Liebe spielen die Hauptrollen in Zuckmayers bacchantischen Hommage auf das Leben, das sich nicht kommandieren lässt. Der Weingutsbesitzer Gunderloch möchte die Hälfte seines Besitzes verkaufen, die andere – unter der Bedingung, dass Nachwuchs unterwegs ist – seiner Tochter vererben und sich selbst zur Ruhe setzen. Doch nach einer durchzechten und durchtanzten Spätsommernacht kommt alles ganz anders. Falsche Lebenspläne, falsche Liebhaber und falsche Schwüre landen buchstäblich auf dem Misthaufen
Die Komödie »Der fröhliche Weinberg« machte Carl Zuckmayer 1925 zum Kleist-Preisträger und über Nacht zu einem der erfolgreichsten deutschen Dramatiker. Von 1925 bis 1933 war »Der fröhliche Weinberg« eines der meist gespielten Theaterstücke in Deutschland. Zuckmayer erzählt in seiner Autobiographie von der Berliner Premiere seines Stückes im Dezember 1925: »Bruck, der Regisseur, stand plötzlich neben mir ›Lachsalven‹, flüsterte er, ›Szenenapplaus!‹ (…) Als der Pausenvorhang fiel, setzte ein Applaus ein, das ich glaubte, der Kronenleuchter müsse herunterstürzen…«
Gastspiele „Die Räuber“
- Hamburg Sprechwerk (Premiere + 3 Vorstellungen)
- Theater Hameln
- Theater Rüsselsheim
- Stadthalle Bayreuth
- Hugenottenhalle in Neu-Isenburg
- Stadthalle Künzelsau
- Theater Casino Zug
- Freiherr-von-Stein-Gymnasium in Oldenburg i.H.
- Stadttheater Minden
- Stadthalle Nagold
- Stadttheater Cuxhaven
- Herzogskelter Güglingen
- Theater an der Ilmenau in Uelzen
- Theater in der Stadthalle in Neumünster (2 Vorstellungen)
- Heilwig Gymnasium in Hamburg
- Marion Dönhoff Gymnasium in Hamburg
- Gymnasium Bad Nenndorf
- Gymnasium Sögel
- Stadttheater Sursee
- Kultur- und Kongresszentrum Weingarten
- Freilichtbühne Dreieichenhain
- Domplatzbühne Fritzlar
Die Räuber – Du bist frei, Roller!
Michael Jurgons
In Leipzig geboren. Nach der Schule Ausbildung zum Buchdrucker. 1977/78 Militärdienst. Anschließend von 1978 bis 1982 Regie-Studium an der Berliner Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch. Noch während des Studiums erste Inszenierung: Die Witwen von Akos Kertesz am Deutsch-Sorbischen-
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