Theater pur im Pfarrstadel
Schwäbische Zeitung
Von Karl-Heinz Schweigert
Reichenhofen – Wer am Samstagabend vom vhs-Tourneetheater nur einen ermüdenden Aufwasch des klassischen Lustspieles von Gotthold Ephraim Lessing erwartete, sah sich bald eines Besseren belehrt: Die “Theatermacher” aus Hamburg bereiteten das Stück in Regie und Inszenierung zeitgemäß zu einem beeindruckendes Spiel auf, das einen anhaltenden Schlussapplaus verdiente.
Die Väter des Erfolgs bei der vhs-Premiere sind zahlreich: Zum einen gewährte der Pfarrstadel dem flexiblen Ensemble genügend Aktionsraum, verbunden mit einer unmittelbaren Nähe zum Publikum und einer modernen Technik. Zum anderen verstand es Regisseur Michael Jurgons aufs Beste die Rollen seinem Team zuzuschneiden, was dieses dann in mitreißendem, ungekünsteltem Spiel mit ausgesuchten selbsterstellten Kostümen umsetzte.
Die bei Lessing starke Gewichtung der Frauen spiegelt sich auch in der Besetzung wider: Ungemein ausdrucksstark verkörperte Sigrid Schnückel den Major von Tellheim und Charlotte Ullrich die Minna von Barnhelm. Ihnen gleichwertig zur Seite standen Tomek Nowicki als treuer Adjutant wie Verena Unbehaun als “nicht unebenes Frauenzimmerchen”, deren rasante Sprechkaskaden allerdings inhaltlich nicht immer herüberkamen. Als ungemein verwandlungsfähiger “Mann mit der Pudelmütze” brillierte Axel Röhrle, in gleicher Weise mimikstark Cornelius Schwalm als leichtlebiger Soldat. Schließlich gefiel, wenn auch manchmal überzeichnend, John R. Carlson als virtuoser Pianist, Sänger und Patomime.
Komödiantisch bereiteten sie alle dem begeisterten Publikum einen vergnüglichen Abend, ersparten aber nicht hart kontrastierend in den Eingangs- und Schluss-Szenen die ständige Bedrohung von Frieden und Liebe durch Krieg und Gewalt.